Deutscher Frauenrat zum Internationalen Frauentag 2019

„Frauen in die Parlamente!“

Diese Forderung nach einer gleichberechtigten Besetzung der Legislative begleitete die internationale Frauenstimmrechtsbewegung von Anfang an. Und als endlich am 19. Januar 1919 Frauen in Deutschland zum ersten Mal an die Wahlurnen traten, wollten sie sich vor allem selbst vertreten. Sie wollten ihren Bedürfnis-lagen und Sichten Ausdruck auf der politischen Bühne verleihen, sie wollten Politik und Gesellschaft gleichberechtigt mitgestalten, sie wollten gewählt werden.

Das gilt heute mehr denn je. Denn 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts ist die Hälfte der Bevölkerung nicht einmal zu einem Drittel im Deutschen Bundestag vertreten. Das darf nicht so bleiben! Deshalb haben wir unsere Kampagne #mehrfrauenindieparlamente gestartet. Ihr Ziel ist die gleich-berechtigte Besetzung von Mandaten und Ämtern in der Politik. Wir fordern, dass die nächste Wahlrechtsreform auch Geschlechterparität auf der Agenda hat. Unsere mehr als 5.000 UnterstützerInnen kommen aus Politik und Gesellschaft, aus Gewerkschaften, den Wissenschaften, den Medien und den Kirchen; und es werden täglich mehr. Auf unsere Initiative hin hat sich im Bundestag ein interfraktioneller Kreis zum Thema Parität gegründet, in dem alle Parteien – bis auf eine – vertreten sind. Brandenburg hat als erstes Bundesland ein Gesetz verabschiedet, dass ab 2024 allen an den Wahlen teilnehmenden Parteien paritätisch besetzte Wahllisten vorschreibt. In anderen Bundesländern gibt es ähnliche Initiativen.

Parität ist machbar

Parität per Gesetz ist machbar. Was andere Länder in Europa bereits unter Beweis stellen, ist auch für Deutschland möglich. Das ist unsere Überzeugung. Auch wenn verfassungsrechtliche Bedenken gegen ein Paritätsgesetz laut und prominent sind. Unser Land kann nicht länger auf die Hälfte der Talente verzichten. Wir brauchen einen Wandel der politischen Kultur. Wir brauchen ein modernisiertes Verständnis von Politik. Und deshalb darf es keine Wahlrechtsänderung ohne Parität geben. Das ist zu allererst eine Frage des politischen Willens und nicht eine juristische Entscheidung. Längst gibt es im Wahlrecht einen Bundesländer-Proporz. Warum sollte dann ausgerechnet eine Geschlechterquote verfassungswidrig sein? Quoten sind das einzig wirksame Mittel, um strukturelle Benachteiligungen schnell zu überwinden. Ohne gesetzliche Vorgaben gibt es keinen gleichstellungspolitischen Fortschritt. Deshalb brauchen wir ein Paritätsgesetz – jetzt!

Gleichstellungsauftrag des Staats

„Die mangelnde Heranziehung von Frauen zu öffentlichen Ämtern und ihre geringe Beteiligung in den Parlamenten ist schlicht Verfassungsbruch in Permanenz,“ befand die Juristin und Politikerin Elisabeth Selbert im Jahr 1981. Ihr haben wir in erster Linie zu verdanken, dass der Grundsatz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ im Jahr 1949 als Art. 3 Abs. 2 Eingang in unser Grundgesetz fand. 1994 wurde dieser Absatz um einen konkreten Auftrag an den Staat erweitert: Er muss seitdem auf die Durchsetzung der Gleichberechtigung und die Beseitigung bestehender Nachteile aktiv hinwirken. Ein solcher Nachteil erwächst Frauen, wenn Parteien, die keine Geschlechterparität verfolgen, ihre DirektkandidatInnen und Wahllisten aufstellen. Ihre Chancengleichheit wird dabei nicht gewahrt. Eine gleichmäßige Anzahl von Kandidatinnen und Kandidaten hingegen erhöht nicht nur die Wahlchancen von Frauen, sie erweitert auch die Entscheidungsfreiheit der WählerInnen. Deshalb ist ein Paritätsgesetz aus Sicht des Deutschen Frauenrates ein gerechtfertigter Eingriff in das Selbstorganisationsrecht der Parteien.

Frauen für Europa

Gemeinsam mit der Europäischen Frauenlobby fordern wir darüber hinaus die paritätische Besetzung des Europaparlaments und aller Leitungsebenen der Europäischen Kommission. Denn Geschlechter-gerechtigkeit stärkt die Demokratie und kann vor toxischer Männlichkeit und Extremismus schützen. Die Europawahlen im Mai 2019 lassen ein starkes Anwachsen rechter Parteien befürchten, die autoritäre, antidemokratische und antifeministische Ziele verfolgen, die nationalen Chauvinismus und die Spaltung Europas vorantreiben. Jede Stimme für eine demokratische Partei, die mit aussichtsreichen frauenrechts- und gleichstellungsorientierten Kandidatinnen in die Europawahlen zieht, ist daher eine Stimme für den Zusammenhalt Europas – eine Stimme für Solidarität, Gleichberechtigung und Menschenrechte.

Es war der internationale Kampf für das Frauenwahlrecht, der im Zentrum des ersten Internationalen Frauentags 1911 stand. Daher fordern wir heute: #mehrfrauenindieparlamente

Berlin, 6. März 2019

 

Zum Aufruf #mehrfrauenindieparlamente – Jetzt unterschreiben!

Zur Kampagne #mehrfrauenindieparlamente

 

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