Gewalthilfegesetz nicht verhandelbar
Livestream des Land Frauen Verbandes Rheinhessen e. V. zum Thema „Die Situation von Frauen und Familien nachhaltig verbessern – gemeinsam gegen häusliche Gewalt im ländlichen Raum“ im Rahmen der AgrarWinterTage 2025.
„Es ist ein wichtiges Zeichen, dass der Tag der Rheinhessischen LandFrauen in diesem Jahr das Thema häusliche Gewalt in den Mittelpunkt stellt. Denn Gewalt gegen Frauen und Mädchen in jeglicher Form ist auch in Rheinland-Pfalz ein großes Problem, das wir als Landesregierung entschlossen angehen. So haben wir einen Aktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention beschlossen, der ressortübergreifend insgesamt 117 konkrete Einzelmaßnahmen umfasst, die darauf abzielen, Frauen und Mädchen in Rheinland-Pfalz ein Leben ohne Gewalt zu ermöglichen. Das Frauenministerium trägt mit 64 Maßnahmen dabei eine zentrale Verantwortung. Doch wir können die erschreckende Gewalt gegen Frauen nur bekämpfen und mehr Geschlechtergerechtigkeit erreichen, wenn Politik, zivilgesellschaftliche Organisationen und Frauenunterstützungseinrichtungen gemeinsam an einem Strang ziehen. Ich bin sehr froh, die LandFrauen dabei als starke Partnerinnen an meiner Seite zu wissen.“ führte Ministerin Katharina Binz in ihrem Grußwort aus.
Alle 4 Minuten erlebt eine Frau in Deutschland häusliche Gewalt. Jeden zweiten Tag wird in unserem Land eine Frau durch die Hand ihres (Ex)Partners getötet - Tendenz steigend!
Diese Gewalt ist kein fernes Problem, kein Phänomen, das „in anderen Kreisen“ auftritt. Diese Gewalt passiert überall – in unserer Nachbarschaft, unserem Freundeskreis, unseren Familien, im städtischen und im ländlichen Raum. Sie darf nicht ignoriert, nicht toleriert und nicht verleugnet werden. Der Schutz von Frauen, die überlebten braucht eine gesetzliche Grundlage, die selbstverständlich und verpflichtend ist.
Der Schutzanspruch von betroffenen Frauen und deren Kinder ist Teil der nationalen Strategie zur Umsetzung der Istanbul-Konvention, die bereits 2014 ratifiziert wurde. Mit dem Übereinkommen zur „Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, häuslicher Gewalt“ hat der Europarat ein starkes frauenpolitisches Instrument geschaffen. Das völkerrechtliche Abkommen gibt den Vertragsstaaten vor, welche Maßnahmen sie zur Verhütung und Bekämpfung ergreifen müssen. Die Maßnahmen werden in vier Handlungsfeldern eingeordnet: Prävention von Gewalt gegen Frauen, Schutz von Frauen vor Gewalt, Strafverfolgung von Gewalt sowie eine in sich stimmige Politikkohärenz, mit dem Ziel eine politische Gesamtstrategie zu entwickeln. Die Istanbul-Konvention definiert Gewalt gegen Frauen als Menschenrechtsverletzung, die Ausdruck historisch gewachsener ungleicher Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern ist. Mit anderen Worten: eine strukturelle, gesellschaftliche Tatsache über Staatsgrenzen hinweg. Gleichberechtigung ist und bleibt eine wichtige und entscheidende Querschnittsaufgabe.
Trotz ansteigender Gewaltstatistik fehlt es tausendfach an Schutzräumen (über 13.000) und Beratungsstellen für Frauen mit Gewalterfahrung. Es gibt keine Gründe, die wertvoller wären als der Schutz von Leben und es gibt auch keine Gründe, die man Kindern einer getöteten Frau, oder Eltern einer Frau, die sich nach schwerer Misshandlung das Leben genommen hat, erläutern könnte, die unsere nicht wahrgenommene gesellschaftliche Verantwortung rechtfertigen würde.
Gerade in den ländlichen Räumen, mit eigenen Traditionen und Rollenvorstellungen, scheint das Thema Gewalt gegen Frauen immer noch tabuisiert zu werden und die „Dunkelziffer“ der Betroffenen ist vermutlich hoch. Gerade dort fehlt es im Besonderen an Schutz, Hilfe und Begleitung. „Wir wollen den Frauen Gehör verschaffen, aufmerksam machen und Handlungsfelder aufzeigen.“, so Ursula Braunewell, Vorsitzende des Land Frauen Verbandes Rheinhessen e. V.
"Es braucht Mut und vor allem Zuversicht und Unterstützung sich von gewaltvollen, häuslichen Fesseln zu befreien. Und es bedarf einer umfassenden Präventionsarbeit, um Gewalttaten verhindern zu können, bevor sie begangen werden.", dessen waren sich alle Gesprächspartner*innen einig und dafür braucht es gesetzliche, verpflichtende Rahmenbedingungen.
Katharina Binz, Ministerin für Familie, Frauen, Kultur und Integration RLP, Elke Ferner, Vorsitzende UN Women Deutschland, Miriam Peters, Vereinsgründerin Frauen helfen Frauen Sandesneben e. V. / Land-Grazien, Anette Diel, Verbandsrätin im Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe Deutschland bildeten einen starken Gesprächskreis, der mit Authentizität, Kompetenz und Wissen die Teilnehmer*innen vor den Monitoren über 1,5 Stunden fesselte.
Wir sind als Menschen dem Leben verpflichtet ...
Am 14. Februar 2025 entscheiden die Ministerpräsident*innen der Länder in letzter Instanz über das durch den Bundestag am 31.01.2025 bereits verabschiedete „Gewalthilfegesetz“.
Die Rheinhessischen LandFrauen fordern Ministerpräsident Alexander Schweitzer auf JETZT dem Gesetz seine Zustimmung zu geben!
In einem engagierten Bündnis von Frauenverbänden und Frauenorganisationen landesweit und bundesweit forderte/fordert auch der Land Frauen Verband Rheinhessen e. V., im Vertrauen auf die demokratischen Strukturen unseres Landes, die schnellstmögliche Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes. Es ist ein großer frauenpolitischer Erfolg, der auf dem gemeinsamen Handeln aller basiert, wenn der Bundesrat mit seiner Entscheidung dem Gesetz seine Rechtsgültigkeit verleiht.
Hinweise:
Notrufnummer 110
Hilfetelefon GEWALT GEGEN FRAUEN 116016
www.frauennotruf-mainz.de/frauennotrufe-in-rheinland-pfalz