.... dessen Land hatte gut getragen

Gemeinsame Erklärung zum Erntedank: Deutscher Bauernverband (DBV), der Evangelische Dienst auf dem Lande in der EKD (EDL), die Katholische Landvolkbewegung Deutschlands (KLB) und der Deutsche LandFrauenverband (dlv)

 

„… dessen Land hatte gut getragen“ (Lk 12,16-21)

Eine gute Ernte steht am Beginn des herausfordernden Gleichnisses Jesu vom reichen Kornbauern aus Lukas 12: Nach reichem Ertrag baut ein Bauer neue Scheunen, um alles unterbringen zu können und sich anschließend in Ruhe zurückzulehnen. Er hat dabei nur sich und seine Zukunft im Blick. Das Gleichnis hinterfragt das bloße Schätzesammeln und lädt uns ein, über unseren verantwortungsvollen Umgang mit unseren Gaben nachzudenken.

Das Gleichnis vom reichen Kornbauern fragt uns: Wie gehen wir mit unserem Land und seinen Früchten verantwortungsvoll um? Bauen wir auf fruchtbaren Böden Autobahnen, Rechenzentren, Photovoltaik oder Getreide, Obst und Gemüse? Wie bauen wir dieses an? Werden alle satt? Und was bedeutet es, reich bei Gott zu sein? Mit den Worten des Gleichnisses vom reichen Kornbauern gesprochen: Wahre Fülle und Reichtum bestehen nicht darin, heute volle Scheunen zu haben, sondern mit Gottes Gaben solidarisch und nachhaltig umzugehen. Das bedeutet gleichzeitig Ernährung zu sichern, die kostbaren Ressourcen unserer Umwelt zu schützen und die Artenvielfalt zu bewahren.

Zum Erntedankfest blicken wir mit Dankbarkeit und Freude auf die gute Ernte und das fruchtbare Land, das uns geschenkt wurde. Unser Dank gilt Gott und insbesondere auch den Bäuerinnen und Bauern, die mit ihrer Arbeit auf dem Feld und im Stall einen großen Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten, und darüber hinaus Leistungen zum Erhalt und Schutz unserer Umwelt erbringen.

Reiche Ernten sind nicht überall auf der Welt selbstverständlich. Und auch bei uns wird es zunehmend schwierig. Flächenverbrauch und Klimawandel sind Herausforderungen, denen wir entschieden begegnen müssen. Für den Schutz und die Stärkung der Biodiversität sowie zukunftsfähige Rahmenbedingungen für bäuerliche landwirtschaftliche Betriebe müssen wir uns einsetzen und Sorge tragen. Durch die Veränderung des Erd- und Ökosystems drohen irreversible Schäden für Landwirtschaft und Gesellschaft. Angesichts des wachsenden Energiebedarfs steigt einerseits die Konkurrenz um die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen, andererseits aber auch die Forderung nach einer reduzierten Abhängigkeit internationalen Lieferketten für landwirtschaftliche Produkte.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die Katholische Landvolkbewegung Deutschland (KLB), der Deutsche LandFrauenverband (dlv) und der Deutsche Bauernverband (DBV) möchten mit ihrer Erntedankerklärung in diesem Jahr dazu einladen, über den verantwortungsvollen Umgang mit unseren Gaben nachzudenken.

Unsere Ernährung und unser Wohlstand sind von der Gesundheit des Bodens, der Vielfalt der Pflanzen und Tierwelt sowie dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen abhängig. Es ist unsere Aufgabe, den Reichtum der Schöpfung für zukünftige Generationen zu erhalten und einen Beitrag dazu zu leisten, ihn fair und gerecht zu verteilen. Dies darf nicht allein den Landwirtinnen und Landwirten als Aufgabe zugewiesen werden – es ist eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Auch die Verbraucherinnen und Verbraucher, der Einzelhandel und die Politik müssen sich dieser Verantwortung stellen und gemeinsam handeln, um die Herausforderungen anzugehen und Lösungen zu finden. Damit die Landwirtschaft weiterhin zukunftsfähig bleibt und auch kommende Generationen noch gute Ernten einfahren, reicht ein einseitiger ökonomischer Blick im herkömmlichen Sinne nicht aus – der Blick muss auch sozial gerichtet sein.

Auch in Zukunft sind, wie beim reichen Kornbauern aus dem Lukasevangelium, neue Ställe, Scheunen ebenso notwendig wie eine Weiterentwicklung der gesamten Landwirtschaft. Dazu müssen die Rahmenbedingungen so gestaltet sein, dass dies für die Betriebe wirtschaftlich und menschlich möglich ist. Gesunde, landwirtschaftliche Betriebe benötigen zudem gesunde, glückliche und zufriedene Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter mit ihren Familien! Dabei müssen alle Räder im Getriebe eines Hofes sichtbar und wertgeschätzt werden.

Im Bild des Gleichnisses vom Kornbauern: Wir können den Reichtum nicht einfach nur in Scheunen lagern. Es geht darum so zu handeln, dass wir die ganzheitlichen Lebensgrundlagen heutiger und künftiger Generationen im Blick haben. Es geht um die Ernährungssicherheit aller, die Überlebensfähigkeit der Höfe und ihren wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur ökologisch unverzichtbaren biologischen Vielfalt. Die biblische Geschichte legt nahe, dass Reichtum im umfassenden Sinn – materiell und im Sinne von "reich bei Gott” – nur da erhalten bleibt, wo er geteilt wird – mit unserer Mitwelt und mit Blick auf die Zukunft.

Wir haben in unserem Land reiche Ernten und genug Mittel, Wissen, Engagement und Können, um gemeinsam und nachhaltig eine Zukunft zu gestalten, in der wir, unsere Kinder und Enkelkinder den großen Segen Gottes spüren und schmecken können. Das zu erhalten und zu fördern ist unser aller Aufgabe.

Download: Erntedankerklärung_2023

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